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sid-lesung-texte-JF Josef Foschepoth: Interview im Hintergrund-Magazin, IV/2013

http://www.hintergrund.de/201310252869/politik/inland/die-alliierten-interessen-sind-laengst-in-deutschem-recht-verankert.html

Prof. Dr. Josef Foschepoth ist Zeithistoriker an der Universität Freiburg und Autor des viel beachteten Buches: Überwachtes Deutschland.

Man kann den NSA-Skandal in Deutschland nur verstehen, wenn man weiß, wie sich über sechzig Jahre ein im Geheimen operierender deutsch-alliierter nachrichtendienstlicher Komplex entwickelt hat, der machtvoller ist als die jeweilige Exekutive und erst recht als die Legislative und Judikative. Die Exekutive ist mehr oder weniger zu einer Verschworenen der Geheimdienste geworden. Das Interesse an einer wirksamen Kontrolle tendiert fast gegen null. Nur in Zeiten öffentlicher Erregung ändert sich das ein wenig. Die Legislative wurde auf eine vierköpfige G10-Kommission bzw. eine elfköpfige Parlamentarische Kontrollkommission reduziert. Parlamentarier sprechen gern von einer „Märchenstunde“, wenn dort vorgetragen wird. Auch die Legislative ist in ihrer Kontrollfunktion stark beeinträchtigt und beschädigt worden. Zudem wurde die Kontrollfunktion der Gerichte völlig gekappt. Wir haben es also mit einer schweren und nachhaltigen Beschädigung des Rechtsstaates zu tun. Die Besonderheit der NSA-Affäre liegt darin, dass die Allgemeinheit begriffen hat, hier handelt es sich nicht um eine kleine Geschichte, um einen Ausrutscher oder eine einmalige Kompetenzüberschreitung. Durch die Enthüllungen von Snowden wissen wir jetzt detailliert, wo wir mit unserer rechtsstaatlichen Kontrolle der Geheimdienste stehen, nämlich fast am Nullpunkt.