This is a read only archive of pad.okfn.org. See the
shutdown announcement
for details.
sid-lesung-texte
Texte für "Lesen gegen Überwachung", 10. Februar 2015, Berlin-Kreuzberg
Planung: https://pad.okfn.org/p/sid-lesung
Literaturempfehlungen #wastun/AKV: https://pad.okfn.org/p/sid-lesung-empfehlungen
Literaturempfehlungen als PDF: http://wastun.jetzt/wp-content/uploads/2015/02/Literaturempfehlungen-Überwachung-Berlin.pdf
Meldung der gelesenen Texte an digitalcourage: https://pad.okfn.org/p/sid-lesung-vgwort
0. Begrüßung
0:10
1. Einleitung/Überblick zu Massenüberwachung
- Worum geht es? Was ist der Stand der Dinge?
- M.: 4 Minuten: Friedemann Karig: Befallen vom Überwachungsvirus (Anfang bis vor Abschnitt "Suche nach Impfstoff gegen Überwachungsvirus") (Text gedruckt)
- V.: 5 Minuten: Frank Rieger: Von Daten und Macht (vier kurze Abschnitte über Daten als Machtmittel, um Karigs einseitiges Bild zu vervollständigen) (Text gedruckt; dito)
0:17
2. Die aktuelle Lage: Was ist technisch möglich und was wird wirklich gemacht?
- Was technisch möglich ist
- ML: 10 Minuten: Constanze Kurz: Der maschinenlesbare Mensch (Text liegt vor)
- Was tatsächlich gemacht wird
- Malte: 2 Minuten: Edward Snowden, aus einem Interview im Guardian, Juli 2014
- ML: 5 Minuten: Patrick Beuth: Alles Wichtige zum NSA-Skandal (5.1.2015) (Text gedruckt)
0:35
3. Bekannte Wirkungen von Überwachung auf das Verhalten des Einzelnen
- Verhaltensänderungen aufgrund des Gefühls des Beobachtetwerdens: Schere im Kopf / Selbstzensur / Tendenz zur Konformität
- Malte: 5 Minuten: Friedemann Karig: Befallen vom Überwachungsvirus
- Rechtliche Situation in Deutschland zu Privatsphäre
- M.: 6 Minuten: Informationen zur politischen Bildung Nr. 305/2012: Die Grundrechte (Text gedruckt)
- Und dazu im Vergleich die Realität
- V.: 2 Minuten: Josef Foschepoth: Interview (Hintergrund, IV/2013) (Text gedruckt)
0:45
4. Geschichte und Fiction (Wirkungen von Überwachung)
- ML: 6 Minuten: George Orwell: 1984 (Televisor, Tagebuch, Gefahr des unbeabsichtigen Verratens der eigenen Absichten) (Text gedruckt und Buch dabei)
- Malte: 2 Minuten: Aristoteles-Text
0:55
Pause (10 Minuten)
1:05
5. Befürworter der Massenüberwachung (offizielle Rechtfertigungen)
- M.: 2 Minuten: Zitate US-amerikanischer Politiker (Text gedruckt)
- M. & ML: 2 Minuten: Zitate deutscher Politiker (Text gedruckt 2x)
- ML: 3 Minuten: Kai Biermann: Supergrundrecht (Text gedruckt)
1:15
6. Gegner der Massenüberwachung
- Widerlegung der offiziellen Argumente
- M.: ~15 Minuten: Friedemann Karig: Befallen vom Überwachungsvirus (auszugsweise ab "Daten dienen zur Gesellschaftssteuerung" bis vor Handlungsempfehlungen) (Text gedruckt)
- Können wir darauf vertrauen, dass wenn wir den Geheimdiensten ein so mächtiges Instrument wie die Überwachung geben, dass sie dieses nicht missbrauchen?
- Gesetzesbruch durch den BND:
- M. & Malte: 8 Minuten: Kai Biermann: "Die BND-Überwachung verstößt gegen die Verfassung" - Interview mit Niko Härting
- Bekannte Fälle von Diffamierung, Bedrohung oder Erpressung durch Informationen, die durch Überwachung erlangt wurden. Bekannte Fälle von (rechtzeitiger) Verhinderung der Aufdeckung von Korruption (Wirkung des Missbrauchs: Amtsträger, die das Vertrauen ihrer Wähler genießen, werden der Wählerschaft ausgespannt und den Interessen einer Minderheit bzw. einer fremden Macht dienlich gemacht. Oder kompromitierbare Menschen werden proaktiv in wichtige Positionen gebracht.)
- ML: 2 Minuten: Geheimdienst-Erpressungsskandal in Italien 2006 (Text gedruckt)
- Zahlreiche Rücktritte im NSA-UA führen zu der Spekulation, dass der BND "Abgeordnete des Bundestages derart in Verlegenheit bringt", dass der UA als "Seuchenschiff" gilt, das meidet, wer noch Karriere machen will. Vermutungen: Mitglieder des UA werden durch BND, Regierung und GCHQ erpresst, gezielt diffamiert und bedroht.
- M.: 5 Minuten: Ausschnitte aus verschiedenen Artikeln zum NSA-UA (Text gedruckt)
- Bekannte Fälle von Unterdrückung der Opposition / unliebsamer politischer Bewegungen (Wirkung des Missbrauchs: Der Wille der Mehrheit bzw. der demokratisch zustande kommende Wille wird verhindert und stattdessen der Wille einer Minderheit bzw. einer fremden Macht durchgesetzt.)
- ML: 5 Minuten: Danielle Ganser: Die Geheimarmeen der NATO (Text gedruckt)
- Illusion der Nichtbetroffenheit
- V.: 4 Minuten: Glenn Greenwald: Die globale Überwachung, S. 278-279 (Text gedruckt; Buch dabei)
- Gefahr des Abdriftens von der Einzelfallnutzung der Überwachung zur Kontrollgesellschaft (Überwachung als Kontrollinstrument, Panoptismus, Steuerung durch Selbstdisziplinierung - zuvor nochmal die Inhalte aus Teil "3. "Bekannte Wirkungen von Überwachung auf das Verhalten des Einzelnen" ins Gedächtnis zurückrufen)
- Malte: 3 Minuten: aus einem Interview mit Edward Snowden im »Guardian«, Juli 2014
- V.: 5 Minuten: Frank Rieger: Von Daten und Macht (übliche gesellschaftliche Beschränkungen von Machtkonzentrationen funktionieren nicht mehr) (Text gedruckt)
2:00
7. Handlungsmöglichkeiten aufzeigen, Appell
- M.: 5 Minuten: Friedemann Karig: Befallen vom Überwachungsvirus
- Abschnitt Handlungsoptionen (auszugsweise ab "Überwachung ist Angriff auf den Bürger" bis Ende) (Text gedruckt)
- Malte: 3 Minuten: aus einem Gespräch von Edward Snowden mit Glenn Greenwald im Juni 2013 in Hong Kong
- V.: 1 Minute: über die Kampagne "Verfolgungsprofile" (gem. BgU-Mail von L)
2:10
##########################################################################################
Weitere mögliche Textvorschläge
1. Einleitung/Überblick zu Massenüberwachung
2. Die aktuelle Lage: Was ist technisch möglich und was wird wirklich gemacht?
- Was technisch möglich ist
- Was tatsächlich gemacht wird
- Wer sammelt Daten?
- Thema (Komerzialisierung und wirtschaftliche Diskriminierung) wird bei der Lesung erwähnt, aber mit dem Zusatz, dass das ein ganz eigenes Problemfeld ist, das neben dem Geheimdienst-Überwachungskomplex steht, und diesmal nicht im Vordergrund stehen soll, weil es sonst den Rahmen dieser Lesung sprengen würde.
- Edward Snowden, aus einem Interview im Guardian, Juli 2014
- "Als NSA-Analytiker stellst du bei der Suche nach den reinen Signalen für Erkenntnisse fest, dass es sich bei der in den Datenbanken aufgezeichneten Kommunikation meist nicht um Gespräche von Zielpersonen handelt, sondern um Gespräche ganz normaler Leute – Nachbarn, die Freunde der Nachbarn, Verwandte, die Kassiererin im Laden. Es sind intensive, intime, ganz private Momente ihres Lebens, die wir ohne jede Erlaubnis, ohne jeden Grund, festhalten. Wir haben Aufzeichnungen all ihrer Aktivitäten – wo sie sich mit ihrem Handy aufhielten, welche Platten sie kauften, ihre privaten Kurznachrichten, ihre Telefongespräche, unter bestimmten Umständen auch die Inhalte dieser Gespräche, Transaktionen, Geschäfte –, aus denen wir ein (fast) perfektes Bild der Aktivitäten jeder einzelnen Person zeichnen können. Und diese Daten bleiben immer öfter dauerhaft gespeichert."
3. Zweck und Risiken der Massenüberwachung
- Die offizielle Version: (Politikerzitate - Friedrich, Schindler, Dobrinth, de Maiziere)
- Friedemann???
- Terror
- Verbrechensbekämpfung, insbesondere organisierte Kriminalität (Drogen, Geldwäsche, Menschenhandel, illegales Glücksspiel)
- Kindesmissbrauch
- Abwehr von Cyberkriminalität und Cyberwar
- Kriege/Drohnen -> alles, was zur Begründung von Kriegen herangezogen werden kann: Verteidgung des Staatsgebiets, von Ressourcen, der Gegner hat Massenvernichtungswaffen, begeht Verbrechen an der Menschlichkeit etc. - kuwaitische Diplomatentochter, Srebrenica
- „Sicherheit ist ein Supergrundrecht“ (Bundesinnenminister Friedrich) http://neusprech.org/supergrundrecht/
- "Für die Sicherheitsbehörden ist es wichtig, Verbrecher effektiv verfolgen zu können", so ein Sprecher von Innenminister Friedrich. "Für diese Strafverfolgung benötigen sie eine moderne IT, um nicht noch weiter hinter die Möglichkeiten des polizeilichen Gegenübers zurückzufallen."
- Illusion der Nichtbetroffenheit
- Isaac Asimov: Das Chronoskop
- Setting: Forschung wird durch die Regierung gelenkt, bestimmte Forschungsbereiche werden verdrängt, Forschung außerhalb eines festgelegten Bereiches ist nicht erlaubt. Die Regierung hält eine revolutionäre Erfindung unter Verschluss: das Chronoskop. Eine Zeitmaschine, die Rückblicke in die Vergangenheit ermöglicht und vergangene Geschichte in Bild und Ton vorbeiziehen lässt. Potterley, Professor für Alte Geschichte will dieses Instrument der Regierung nutzen, um einen Rückblick in die Vergangenheit - auf sein geliebtes Karthago - zu werfen. Die Regierung verweigert ihm den Zugang zum Chronoskop, Potterley stiftet den jungen Physiker Foster an, selbst ein Chronoskop zu entwickeln. Der baut tatsächlich ein Chronoskop und macht dabei einige Entdeckungen.
- S. 261-268
- Was Geheimdienste und Staat wirklich wollen
- Es geht um: Kontrolle, Macht, Geld, Territorium
- Überwachung als Kontrollinstrument (Kontrolle ist ein Mittel zur Machtausübung/Machtfestigung; es gibt aber auch andere z.B. Partizipation)
- Hamburger Erklärung zur Totalüberwachung
- https://rechtsanwaelte-gegen-totalueberwachung.de/hamburger-erklaerung/
- "Sie erstickt den Widerspruch des Bürgers gegen den Staat. Sie fördert Konformismus, obrigkeitshöriges Denken und den Rückzug ins Privatleben."
- "Wenn private Mails, Telefonate und Daten unwidersprochen gesammelt und verwertet werden können, sind politischer und wirtschaftlicher Erpressung Tür und Tor geöffnet. Denn niemand ist »heilig« und jeder Mensch hat einen »wunden Punkt«. Es ist historisch nachgewiesen, dass der ehemalige Chef des FBI, Edgar J. Hoover, solche Informationen genutzt hat, um Politiker gezielt zu erpressen."
- George Orwell: 1984
- Ein dystopischer Roman, in dem ein totalitärer Präventions- und Überwachungsstaat im Jahre 1984 dargestellt wird. Protagonist der Handlung ist Winston Smith, ein einfaches Mitglied der diktatorisch herrschenden sozialistischen Staatspartei, der sich der allgegenwärtigen Überwachung zum Trotz seine Privatsphäre sichern will und dadurch in Konflikt mit dem System gerät, das ihn einer Gehirnwäsche unterzieht.
- S. 9-13: Teleschirm, Ministerien, Tagebuch
- S. 87-90: Proles, Kontrolle der Proles
- S. 222 ff. Warum Kontrolle?, Aufbau der Gesellschaft, Sinn des Krieges
- Verhaltensänderungen des Einzelnen aufgrund des Gefühls des Beobachtetwerdens: Schere im Kopf/Selbstzensur, Selbstdiziplinierung durch die Gewöhnung an Überwachung, Erziehung zur Konformität, Panoptismus (https://de.wikipedia.org/wiki/Panoptismus), Kontrollgesellschaft
- Glenn Greenwald: Die globale Überwachung, insb. aus Kapitel 4 - "Die Gefahren der Massenüberwachung"
- S. 251-253, Überwachung als Kontrollinstrument, die sprichwörtliche 'Schere im Kopf': "In den 1970er Jahren erklärte Michel Foucault, das Prinzip von Benthams Panoptikum sei einer der Grundmechanismen des modernen Staates. [...] Der einzelne richtet sich selbst dazu ab, nur noch in eine Richtung zu denken, die erwartet und verlangt wird."
- George Orwell: 1984
- S. 80-83: Geschlechtstrieb und Partei, Selbstkontrolle
- S. 253-261 Parteimitglieder, Erziehung zur Konformität, Veränderung der Vergangenheit
- Jewgenij Samjatin: Wir
- Heribert Prantl: Bürger unter Generalverdacht, Ausschnitt mit ca. 250 Wörtern:
- "[...] Wer überwacht wird, verhält sich konform. Das ist die eigentliche Gefahr der Massenüberwachung. Sie erzieht zur Konformität. Sie kultiviert vorauseilenden Gehorsam. Sie züchtet Selbstzensur. [...] Es reicht die abstrakt-konkrete Möglichkeit, überwacht zu werden. Damit verschwindet nämlich die Gewissheit, dass man in Ruhe und in Frieden gelassen wird. Und damit verschwindet die Privatheit; und mit ihr verschwindet die Unbefangenheit. Der Verlust der Unbefangenheit ist eine Form der Gefangenschaft; sie ist ein Verlust der Freiheit. [...]"
- Machtausübung durch eine Minderheit oder eine fremde Macht / Unterdrückung der Mehrheit bzw. des demokratisch zustande kommenden Willens
- Kai Biermann: Supergrundrecht http://neusprech.org/supergrundrecht/
- "Grundrechte heißen Grundrechte, weil sie allem zugrunde liegen, was wir unter dem Begriff Rechtsstaat verstehen. Sie sind die Basis, das Fundament. So etwas muss man sprachlich nicht überhöhen, denn was kann wichtiger sein als der Boden, auf dem alles ruht? Eben. Innenminister Hans-Peter Friedrich hat trotzdem versucht, den Begriff zum S. zu übertreiben. „Sicherheit ist ein Supergrundrecht“, hat er nach einer Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages gesagt. Sie sei im Vergleich mit anderen Rechten herauszuheben. Friedrich muss also einen Grund (haha) dafür gehabt haben, eine Hyperbel zu verwenden. Hatte er auch. Er wollte verschleiern, dass er erstens nicht die Sicherheit der Bürger meint und dass Sicherheit zweitens gar kein Grundrecht ist. Unsere Grundrechte sind sogenannte Abwehrrechte: Sie sollen den einzelnen und damit per se schwachen Bürger vor der Macht des Staates und seiner Organe schützen. Daher ist im Grundgesetz oft von Freiheit die Rede, aber kaum von Sicherheit. Die Sicherheit kommt in all den Artikeln nur sechs Mal vor und jedes Mal geht es dabei um die Sicherheit des Staates, nie um die der Bürger. Die Freiheit hingegen wird im Grundgesetz 35 Mal erwähnt und gemeint ist immer die Freiheit des Einzelnen. Friedrichs Behauptung war also eine Lüge, die mit einer noch größeren Lüge kaschiert werden sollte. Eine klassische Taktik. Roland Koch hat sie berühmt gemacht, als er nicht nur Aufklärung versprach, sondern gleich brutalstmögliche Aufklärung und nichts davon ernst meinte. Der Innenminister geht sogar noch weiter und dreht das gesamte Grundgesetz um. Denn dadurch, dass er Sicherheit im Zusammenhang mit den Grundrechten nennt, suggeriert er, es gehe um die Sicherheit der Bürger. Allerdings sagte Friedrich seinen Satz als Rechtfertigung eines Überwachungsprogramms. Es geht also darum, dass der Staat seine Bürger besser beobachten kann, um seine Informationshoheit und seine Macht zu sichern. Lustigerweise hat Friedrich mit seiner kurzen Bemerkung nicht nur das Grundgesetz verdreht, sondern auch gleich noch belegt, dass er es gar nicht kennt. Denn es gibt tatsächlich ein Supergrundrecht, ein Grundrecht also, das über allen anderen steht: Es ist die Menschenwürde. Sie ist das einzige Grundrecht, das nicht durch Gesetze eingeschränkt werden kann, sie ist, wie es im Text heißt, „unantastbar“. Und wollen Sie noch einen interessanten Fakt dazu hören? Aus eben dieser Menschenwürde ist das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme abgeleitet, das besagt, dass man darauf vertrauen können muss, von den eigenen technischen Geräten nicht überwacht zu werden."
- Beispiele für eine geheimdienstliche Einmischung in die Angelegenheiten eines fremden Staates
- Von Snowden: Während seines Aufenthaltes in Genf wurde ein Banker für die CIA rekrutiert. http://www.spiegel.de/wirtschaft/prism-enthuellung-wie-die-cia-einen-schweizer-banker-anwarb-a-904911.html
- "Besonders brisant ist die Schilderung, wie CIA-Mitarbeiter versucht haben sollen, einen Schweizer Banker anzuwerben, um von ihm geheime Bankdaten zu bekommen. Laut Snowden hätten die Geheimdienstleute den Banker betrunken gemacht und dazu bewegt, mit dem Auto nach Hause zu fahren. Als der Banker dann von der Polizei wegen Alkohol am Steuer festgenommen wurde, habe ihm ein verdeckter CIA-Mitarbeiter seine Hilfe angeboten. So sei eine Freundschaft entstanden - und die Anwerbung war erfolgreich." Es wird vermutet, dass es sich um Birkenfeld handeln könnte. Dann wäre das Ergebnis ansehnlich: "Die Bank stimmte schließlich einem Vergleich zu und zahlte 2009 eine Geldbuße von 780 Millionen Dollar an die US-Behörden und gab mit dem Einverständnis der Schweizer Behörden die Namen von Tausenden mutmaßlichen US-Steuersündern heraus."
- Gibt es weitere belegte Beispiele für Geheimdienstaktionen, die herausgekommen und gut belegt sind? Damit ein Eindruck vermittelt werden kann, was alles ganz normal hinter den Kullissen läuft, und welche Auswerkungen es dann hat, wenn ein Geheimdienst vollständige Kenntnis über jeden einzelnen der Bevölkerung eines anderen Staates hat.
- Stasi
- Unterdrückung von Oppositionellen / von unliebsamen politischen Bewegungen
- Die Aufdeckung von Korruption verhindern
- Bsp. Mollath
- Bsp. Garry Webb: Investigativreporter, der vor einer neuerlichen Enthüllung über den staatlichen Drogenhandel ermordert wurde. Offiziell als Selbstmord beurteilt. Es gibt wohl keine Dokumentation, dass staatliche Akteure dahinter standen, daher wäre es Spekulation.
- Erpressung durch Missbrauch von Informationen, die durch Überwachung erlangt wurden
- Volksvertreter/Amts-/Entscheidungsträger (die das Mandat haben, weil sie das Vertrauen ihrer Wähler genießen) der Wählerschaft ausspannen und den Interessen der Minderheit/fremden Macht dienlich machen, durch Infos, die durch Überwachung erlangt wurden.
- Oder auch proaktiv kompromitierbare Menschen in wichtige Positionen bringen (Edathy -> NSU)
- Erpressbarkeit durch Personengruppen mit privilegiertem Zugang zu Daten (siehe z.B. Geheimdienst-Erpressungsskandal in Italien 2006)
- Folgen für den Einzelnen
- Irrtümer und Fehlentscheidungen infolge falscher, falsch gelesener oder falsch interpretierter Daten
- Vorab-Diskriminierung, Schuldvorhersage und Umkehr der Beweislast, etwa wenn der Betroffene eine automatisierte Entscheidung erst durch nachträglichen Widerspruch individuell prüfen lassen kann und seinen Widerspruch dann begründen muss
- Verlust an Eigenständigkeit und Selbstbestimmung, Anpassungsdruck
- 1983 in der Urteilsbegründung des Bundesverfassungsgerichts zur Volkszählung hervorgehoben
- Manipulation und Erpressbarkeit
- Verlust der Privatsphäre
- Folgen für die Gesellschaft (die indirekten Folgen für den Einzelnen)
- Demokratieverlust
- Machtausübung durch eine Minderheit bzw. durch eine fremde Macht / Unterdrückung der Mehrheit bzw. des demokratisch zustande kommenden Willens
- Untergraben sozialer und demokratischer Aktivitäten durch Überwachung
- Destabilisierung der an sich gewollten Machtbalance
- Klima des Misstrauens, weil jeder verdächtig ist
- Konzentration der Strafverfolgung auf leicht ermittelbare und beweisbare Straftaten anstatt auf professionelle und organisierte Kriminalität, dadurch:
- ungleicher Gesetzesvollzug
- Verlust an Achtung für das Gesetz und die Vollzugsbehörden
- individuelle Handlungen verlieren an Bedeutung
- Verächtlichmachung von Individualität
- Schwächung der moralischen Verbundenheit der Gesellschaft
- Verlust des Vertrauens der Bürger in Staat und Gesellschaft
4. Aussicht und Gegenmaßnahmen
Eher nicht:
- Peer Stolle & Tobias Singelnstein: In den Sicherheitsdiskurs intervenieren (aus Lpz. Kamera (Hrsg.): Kontrollverluste - Interventionen gegen Überwachung, 2009)
- Ansatzpunkte für eine Intervention in den Sicherheitsdiskurs; eignet sich IMO als Abschluß für Diskussionsansätze, dreht sich aber sehr um Staat und "Sicherheit", womit wir noch mal ein ganz anderes Faß aufmachen; ca. 1200 Wörter: "Eine grundlegend andere Sicherheitspolitik setzt daher auch eine Transformation der ökonomischen und sozialen Verhältnisse voraus; um dieses Ziel zu erreichen wird vermutlich ein langer Atem benötigt. Eine Intervention auf der Ebene des Diskurses verspricht dagegen auch eher kurzfristige Veränderungen. Die in der öffentlichen Auseinandersetzung vermittelten Vorstellungen von gesellschaftlichen Bedrohungen und entsprechenden Gegenstrategien stellen eine zentrale Grundlage der gegenwärtigen Sicherheitspolitik dar. Gerade im Bereich der Kriminalitätskontrolle spielen weniger eigene Erfahrungen eine Rolle, als diskursiv vermittelte Interpretationen einer (vermeintlichen) Kriminalitäts- und Strafverfolgungswirklichkeit. Vor diesem Hintergrund sind politische Interventionen auf der diskursiven Ebene eine gute Möglichkeit, der gegenwärtigen Sicherheitspolitik ein Stück weit den Boden zu entziehen. Hierfür muss es gelingen, in der öffentlichen Debatte eine inhaltlich fundierte und wahrnehmbare Gegenposition zu dem allgegenwärtigen Ruf nach mehr und härteren Strafen sowie einer Ausweitung der Überwachung zu etablieren, um so die gesellschaftlich dominate Perspektive auf Abweichung, soziale Probleme und Sozialkontrolle in Frage zu stellen. Dazu gehört nicht nur, die für eine Vielzahl von Menschen negativen Folgen der gegegwärtigen Sicherheitspolitik zu benennen und zu skandalisieren, sondern auch dem herrschenden Sicherheitsdiskurs die Grundlagen und damit die Legitimität zu entziehen. 1. Bedrohungen entdramatisieren [...] 2. Die gesellschaftlichen Ursachen benennen [...] 3. Sicherheitspolitik als Inszenierung entlarven [...] 4. Der Staat als Bedrohung [...] Für eine Umsetzung dieser Ansatzpunkte ist es erforderlich, die genannten grundlegenden Aspekte in
- konkrete politische Interventionen zu transformieren. Es bedarf nicht nur einer Auseinandersetzung mit einzelnen Maßnahmen oder Verschärfungen, sondern einer Kritik der gesamten Formation staatlicher Sozialkontrolle samt der sie tragenden Verhältnisse. Diese Kritik muss aber - um vermittelbar zu sein - anhand konkreter Reformprojekte ausformuliert und zugespitzt werden. Dies sollte am Beispiel eines Themas erfolgen, das gerade viele betrifft bzw. betroffen macht und an dem man sowohl die Folgen der staatlichen Sicherheitspolitik aufzeigen als auch eine grundsätzliche Kritik formulieren kann. "
- Meine Güte, was Du Dir da immer für Texte vornimmst! Ich bevorzuge Klartext und mag diese akademisierten Banalitäten überhaupt nicht. "Transformation der ökonomischen und sozialen Verhältnisse" - könnte man dazu auch "mehr Umverteilung" sagen? "Interventionen auf der diskursiven Ebene" wie wäre es mit "Reden". Aber auch inhaltlich geht das vollkommen daneben: Kriminalität als "Abweichung" umzudeklarieren und als Wahrnehmungsproblem zu behandeln stößt mich ab. Ich arbeite gegen Überwachung, nicht gegen ein Strafrecht und einen Strafvollzug, die uns vor Anarchie bewahren. Ich will, dass die Freiheitsrechte vom Staat durchgesetzt werden, erforderlichenfalls durch Zwang und Abschreckung. Wogegen es sich lohnt zu kämpfen, ist der Missbrauch der dem Staat anvertrauten Macht, z. B. um politische Opposition zu unterdrücken. Und da der Missbrauch der Geheimdienste und insbesondere des Instruments der Überwachung mangels Kontrollmöglichkeiten auf der Hand liegt, kämpfe ich gegen diese.
- Finde den Text für eine Lesung auch zu unverständlich (unabhängig davon, dass ich ihn inhaltlich teile).
- Der Text wurde von Juristen verfasst. Insofern ist er schwerz zu lesen. Mir missfällt die häufige Verwendung von "allgegenwärtig"
- Katharina Döbler: Komplizin meiner Überwachung http://www.monde-diplomatique.de/pm/.search?ik=1&mode=erw&tid=2014%2F09%2F12%2Fa0011&ListView=0&sort=3&tx=d%C3%B6bler&qu=MONDE (Le Monde diplomatique Nr. 10511 vom 12.9.2014, Seite 2, 251 Zeilen)
- Vorlesezeit: 8 Minuten, 1220 Wörter
- möglicherweise vom Anfang bis "... Objekt informationeller Begehrlichkeit." vorlesen
- Aus dem Text:
- Aber „sie“ wissen es. Mit allem, was ich im Internet recherchiere, herunterlade, erwerbe, mache ich mich zur Komplizin meiner eigenen Überwachung.
- Ein kleiner historischer Einschub: Im Jahr 1983 erging das so genannte Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts. Darin arbeiteten die Karlsruher Richter ein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung heraus, woraus sie folgerten, dass die personenbezogenen Fragebögen zur Volkszählung gesondert zu bearbeiten und alle übrigen Daten anonym zu erheben seien. Dennoch riefen linke und bürgerrechtlich-liberale Kreise damals zum Boykott auf. Koordiniert wurde die Initiative übrigens von der Jugendorganisation der FDP.
- Ungefähr zur selben Zeit beschwor eine klandestin in Berlin erscheinende linksradikale Zeitschrift die grauenvolle Dystopie einer „computerisierten“ Zukunft: interaktive Bildschirme, personalisierte Computerprogramme und eine Art Skype. Tenor: Der Staat schaut uns im Schlafzimmer zu und forscht unsere Gesinnung aus. Darüber kann man heute nur noch nostalgisch lächeln: Wenn es nur das wäre!
- Damals war es der Staat, vor dem man Angst haben musste, die Erinnerung an die Terrorparanoia der 1970er mit all ihren bösen Folgen für den Rechtsstaat war noch frisch. Dagegen existierte die Vorstellung, dass weltumspannende Riesenkonzerne die Menschheit mit Information bedienen und ihr Konsumverhalten in großem Stil kontrollieren und manipulieren würden, hauptsächlich im Kino, jedenfalls in weiter Ferne. Das Abgefeimteste, das man sich gemeinhin ausmalte, war eine Art elektronischer Rabattmarke – genau das, was DeutschlandCard und ähnliche Systeme heute betreiben.
- Inzwischen segelt der Staat gemächlich im Windschatten der internationalen IT-Riesen – und nimmt mit, was ihm zupasskommt. Wie wir, die Kunden und Konsumenten, ist er sowohl Nutznießer als auch Objekt informationeller Begehrlichkeit. (das ist der einzige Satz zum Thema staatliche Überwachung)
- Womit wir bei der Frage wären, wer diese Informationen begehrt und wozu. Und wer eigentlich „sie“ sind. „Sie“, die so viel über mich wissen. Die Manipulatoren und Ausspäher. Die Agenten des totalitären Konsumismus. „Sie“, die unsere Informationen brauchen. Was tun sie damit eigentlich? Die Antwort ist einfach: Sie rechnen. Sie sind nämlich Algorithmen.
- Letzter Absatz:
- Es sind also keine Menschen, die sich meine Daten ansehen, sondern Rechenverfahren. Menschen haben nur diese Algorithmen mithilfe anderer Algorithmen entwickelt; aber ihnen ist es völlig egal, ob jemand den Partner seines Lebens findet oder ins Land der Schrumpfköpfe reist, sie bekommen davon ja nichts mit. Die Einzigartigkeit jedes Menschen, seine Privatheit – das interessiert in diesem Geschäft niemanden. Es geht um die Kommerzialisierbarkeit der Wünsche – meiner Wünsche! Und Individualität ist dabei teuflischerweise vor allem eins: das stärkste Verkaufsargument. Lebe deinen Traum! Doch was „mein“ Traum ist, hat der Algorithmus bereits errechnet, bevor ich selbst es weiß.
- Vielleicht ist es das, wovor ich mich in Wahrheit fürchte: die völlige Enteignung meiner Persönlichkeit. Und die Entdeckung, dass ein so originelles, vielseitiges und besonderes Individuum wie ich von einer Maschine berechnet werden kann. Aber mit solchen Überlegungen gehe ich den bösen Riesen bereits ins Netz: „Ich“ ist auch nur ein Marketingprofil.
- Thorsten: Ich finde, der Text gibt sehr wenig her, er ist verspielt, konzentriert sich auf die kommerzielle Ausbeutung der Überwachung und bleibt philosophisch abstrakt (s. letzter Absatz). Teile davon find ich gut.
- AKV Münster: Ich habe doch nichts zu verbergen (aus: Don't Panic Reader 2010)
#########################################
Gliederungen anderer Textsammlungen
- Im Namen der Sicherheit
- Im Namen des Profits
- Im Namen der Öffentlichkeit
Glenn Greenwald: Die globale Überwachung
- Kontaktaufnahme
- 10 Tage in Hongkong
- Alles sammeln!
- Die Gefahren der Massenüberwachung
- Die vierte Gewalt