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btada-opendata-2014-heise Aktuelle Version, die heute abend oder morgen früh (29.10/30.10) beim Ausschuss eingereicht wird:
https://docs.google.com/document/d/12o-2q-VME5C9wlE96qdsEVrJ-gmxIUUXkJjSZM6_E28/edit?usp=sharing (zum kommentieren freigegeben)


ARCHIV 29.10 12 Uhr  - diese Version wird für die schriftliche Stellungnahme nicht mehr berücksichtigt, für die mündliche am 5.11 schon:

19. Sitzung Ausschuss Digitale Agenda
Öffentliches Fachgespräch zum Thema „Open Data“
Mittwoch, dem 5. November 2014, 16-18 Uhr

// Vorstellung:

Mein Name ist Christian Heise, ich bin wissenschaftlicher Mitarbeiter am Centre for Digital Cultures (CDC) an der Leuphana Universität Lüneburg und promoviere zum Thema Open Science. Als ehrenamtliches Vorstandsmitglied der Open Knowledge Foundation Deutschland e.V. und beim Förderverein Freie Netzwerke e.V. (freifunk.net) setze ich mich für die Öffnung von Wissen und IT-Infrastrukturen im Rahmen der Digitalisierung ein.                                         

// Eingangsstatement (3-5 min):
    
    Zentrale Punkte (Ich würde im Eingangsstatement insgesamt präziser sein. Was sollen Deine Zuhörer sich als Kernpunkte notieren? Es kann gerne emotional sein, aber es muss klar sein, was die MdBs tun sollen.
- Die Open Knowledge Foundation Deutschland e.V. unterstützt Open Government Data seit 2010 durch praktische und politische Arbeit und hat sich auf eine international anerkannte Definitionen festgelegt, ab wann Daten, Informationen und sonstige Werke "open" sind - die Open Definition ( http://opendefinition.org ).
- Daten sind das Öl des 21. Jahrhunderts im Gegezug zum Öl aber sind Daten eine unerschöpfliche, nachwachsende Ressource, welche vor allem durch gemeinsames Nutzen dieser "aufblüht"
- Offene Daten betreffen aber nicht nur Politik, Wissenschaft, Gesellschaft und Wirtschaft (im allgemeinen), sondern die Bürgerinnen und Bürger (im konkreten)
- Wir befinden uns an einem Tipping Point: wenn jetzt nicht umfassend gehandelt wird und die Rahmenbedingungen für die Bereitstellung und Nutzung offener Daten geebnet werden, wird das Thema von außen, von oben und im schlimmsten Fall undemokratisch diktiert
-  Standortvorteil Datenschutz als trojanisches Pferd und um die  Verantwortung Deutschlands national wie international wahrzunehmen Auch hier weiß ich nicht genau, was Du meinst. Lieber keine Metaphern wenn nicht glasklar ist, was damit gemeint ist. ->  UK MyData Debatte sowie die wenig vorhersehbaren sozialen Implikationen  berücksichtigen, NOCH können wir sie mitgestalten, erforschen und  fördern
- dabei fehlt es vor allem an politischem Willen (hohes politisches Comitment), Ressourcen in der Verwaltung (in Großbritannien z.B. beschäftigten sich mehr als 20 Leuten mit Open Government, beim BMI sind es vielleicht ein Zehntel) und zentraler Steuerung (Kompetenzgerangel zwischen BMI und BMWI)
- symtomatisch für die politische Behandlung des Themas, dass Fragen 1,2,3,4,6 im Jahr 2012 im Rahmen eines Fachgesprächs schon mal gestellt wurden http://webarchiv.bundestag.de/archive/2013/1025/bundestag/ausschuesse17/a22/a22_neue_medien/oeffentliche_Sitzungen/open_data/Leitfragen.pdf ; http://webarchiv.bundestag.de/archive/2013/1025/bundestag/ausschuesse17/a22/a22_neue_medien/oeffentliche_Sitzungen/open_data/Protokoll.pdf & z.B. http://blog.wikimedia.de/wp-content/uploads/20120622-Stellungnahme-UANM-Wikimedia-Opendata.pdf und heute leider fast noch genauso beantwortet werden können
- seit 2012 hat sich viel zu wenig getan -> "nur" govdata.de, die GeoNutzV, die G8-Charta, zwei mal zwei DatenlizenzDeutschland
- im Vergleich zu 2012 gibt es derzeit noch immer ein fundamentales Defizit auf der Angebotsseite von OpenGovernment Data und die staatliche Verwaltung veröffentlicht nach wie vor zu wenig wertvolle Daten in offenen und maschienenlesbaren Formaten
- wie im Jahr 2012 ist noch immer eine gesetzliche Festlegung zur Veröffentlichung von allen Inhalten der Verwaltung nach Open Government Data-Prinzipien notwendig -> der Gesetzgeber kann dies über ein novelliertes Informationsfreiheitsgesetz, eGovernment-Gesetze, über ein eigenes Open Data-Gesetz oder ein nationales Transparenzgesetz lösen
- als Vertreter des Volkes müssen Sie jetzt endlich entschieden handeln, sonst werden die kommenden Generationen darunter "leiden". Was meinst Du mit Leiden konkret?
- so gern ich über das Thema Open Data mit Ihnen spreche, bitte tun Sie endlich etwas, damit wir mit den selben Fragen 2016 nicht wieder hier sitzen: Sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete sorgen sie endlich für einen raschen OGP-Beitritt, sorgen sie für die gesetzlichen Rahmenbedingungen für OpenData und etablieren Sie eine zentrale Anlaufstelle für das Thema im Bereich der ministerienübergreifenden Bundesverwaltung

// Fragen & Antworten:
    
1) Welche gesellschaftlichen und welche ökonomischen Potenziale bietet Open Data aus Ihrer Sicht? In welchen Bereichen sehen Sie Chancen für Innovationen und wirtschaftliches Wachstum? Die EU-Kommission hat das EU-weite wirtschaftliche Potential von Open Data mit 140 Mrd. Euro beziffert - wo sehen Sie besondere Potentiale für die deutsche Wirtschaft? Was muss von deutscher Seite getan werden, um den Prozess der Nutzung von Open Data weiter voranzubringen?

Für uns bei der gemeinnützigen Open Knowledge Foundation stehen gesellschaftlicher, politischer, wissenschaftlicher, kultureller und sozialer Mehrwert im Vordergrund. Dennoch sehen meine Kollegen und ich natürlich große Potentiale von Open Data für die Wirtschaft in fast jedem Bereich. Freie und offene Daten (egal ob Regierungs- oder andere Daten) können klar auch als Wirtschaftsförderung verstanden werden, da sie ohne einen einzigen Euro an direkten Subventionen einen enormen Schub an wirtschaftlichen Impulsen und Innovationen bedeuten können: Ob das jetzt die 140 Mrd. Euro der  EU Studie oder 206 Mrd Euro bis 2020 von einer Microsoft-Studie sind mag ich nicht zu bewerten. Ich möchte auch davon absehen solche Dimensionen zu verwenden, da Sie einseitige, auschließlich wirtschaftliche "Interessen" an Open (Government) Data wecken und eine zu einseitige Betrachtungsweise stützen. Dennoch könnte sich die deutsche Wirtschaft meines Erachtens - wenn die Daten mal zur Verfügung stehen würden - durch die Entwicklung von Anwendungen und Nutzungszenarien sehr profitieren. Darüber hinaus könnte eine zusätzliche Fokusierung auf die Themenbereiche: a. die Veredelung von Rohdaten (z.B. die Aufbereitung der Daten) und b. das Thema Datenschutz und Privacy (Anonymisierung von offenen Daten) ein Alleinstellungsmerkmal darstellen. Das letztendliche Potential hängt aber wie in meinem Eingangsstatement genannt von Ihrem kurzfristigen politischen Willen und daraus resultierenden politischem Handeln ab, das Thema endlich umfassend zu adressieren und dafür auch zwingend notwendige politische Rahmenbedingungen zu schaffen.

Auch die öffentliche Verwaltung selbst profitiert von Open Data, da hierdurch eine einfache Zusammenarbeit unterschiedlicher Abteilungen ermöglicht wird. Somit können Fehler und Abweichungen in unterschiedlichen Versionen ursprünglich gleicher oder ähnlicher Datensätze einfacher erkannt bzw. verhindert werden. Open Data hat somit auch das Potential die Prozesse in den öffentlichen Verwaltungen zu modernisieren und durch Synergieeffekte Kosten signifikant zu reduzieren.

2) Bestehen Schwierigkeiten oder Widerstände, wenn es um die Öffnung von Datenbeständen der Verwaltung geht? Sehen Sie Handlungsbedarf bei der Formulierung und Auslegung des §5 UrhG? Wie bewerten Sie die bestehenden Lizenzen, welche die Nachnutzung durch Dritte erlauben? Welche konkreten Maßnahmen sind insgesamt zur Verbesserung der Situation nötig?

Es bestehen viele Schwierigkeiten und/oder Widerstände - im Rahmen meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Centre for Digital Cultures habe ich mit einem Kollegen eine explorative Befragung unter Daten- und Investigativjournalisten durchgeführt. Die Ergebnisse, die als offener und anonymer Datensatz zur Verfügung stehen, sind exemplarisch auch auf andere Bereiche des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft übertragbar. Dabei gaben 66% der Befragten an dass Behörden die Auskunftspflicht verweigern bzw. die Arbeit durch lange Bearbeitungszeiten und hohe Kosten schikanieren, rund 59% der Befragten kritisierten, dass die relevanten Daten schlichtweg nicht vorhanden sind. 
Wünschenswert ist diesbezüglich mindestens die Ausweitung des §5 Abs.2 Urheberrechtsgesetz zur Gemeinfreiheit von Werken der öffentlichen Verwaltung oder eben ein nationales Transparenzgesetz. 
Die Lizenzen - auch wenn wir als OKF DE immer gegen eine eigene nationale Lösung waren - sind nach der Zusammenarbeit mit dem BMI vor kurzem endlich als "offen" nach der OpenDefinition anerkannt worden. Die ersten Schritte im Rahmen des Aktionsplans der G8 Open Data Charter sind ein weiterer Schritt, aber nicht annähernd umfassend genug um den Vorsprung anderer Länder aufzuholen. Bisher ist die Bundesregierung weit davon entfernt, den Bereich offene Daten aktiv zu gestalten.
Konkrete Maßnahmen wären ein rascher Beitritt zur Open Government Partnership, eine klare Definition der (ressorübergreifenden) Zuständigkeit (z.B. beim Bundeskanzleramt) für das Thema Open Government als Meta-Thema für Open Data, eine umfassende Mittelausstattung und die Schaffung einer ministerienübergreifenden Government Digital Service Einheit wie am Beispiel der GDS in den UK oder das Etalab in Frankreich. Andernfalls wird Deutschland weiter zurückfallen und die in der ersten Frage angesprochenen Potentiale werden sich für Deutschland komplett in Luft auflösen und das Thema wird von anderer Stelle diktiert und genutzt werden.
Bei §5 UrhG sollte klarer herausgearbeitet werden, dass im Absatz 1 und Absatz 2 Urheberrechtsfreiheit angestrengt wird. Damit entfällt die Möglichkeit, durch Lizenzen irgendwelche Einschränkungen zu machen und sei es nur die Nennung des Namens. Die Auslegung des §5 UrhG sollte sich am Konzept des "Public Domian" orientieren, wie es seit Jahrzehnten in den USA gepflegt wird und dem wir die freie Software des Internets verdanken. Lizenzen können nur von einem Lizenzgeber vergeben werden, der Rechte hat, was bei Gemeinfreiheit nicht zu trifft. Der Regelfall für öffentliche Daten sollten Urheberrechtsfreiheit und damit Lizenzfreiheit sein. Lizenzen nutzen nicht in dem Bereich, sie behindern, wie die langwierige Diskussion durch die Beschränkungen des BMI gezeigt haben.

3) Wie kann eine größtmögliche Öffnung und der gleichzeitige, beste Schutz der berechtigten Rechte von Dritten (z. B. Persönlichkeitsrechte, Datenschutz, Betriebsgeheimnisse, Geheimschutz, Urheberrecht, etc.) sichergestellt werden? Was ist geboten, um die Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit der Daten zu gewährleisten, um etwa Manipulationsmöglichkeiten der offenen Datensätze zu verhindern?

Ich möchte mich bei der Beantwortung der Frage kurz halten und schließe mich hier uneingeschränkt den Auffassungen meiner Kollegen und den Aussagen von 2012 an. Grundsätzlich gilt hier die (vor allem von dem Wikimedia Kollegen 2012 erwähnte) zwingende Verpflichtung, genau diese Schutzaspekte ganzheitlich sicherzustellen. Dabei liegt die Verantwortung bei der herausgebende Stelle, denn der Schutz von Daten beginnt bereits bei der Erhebung und nicht erst bei der Freigabe und Veröffentlichung. Was die Gewährleistung der Sicherheit und Vertrauenswürdigkeit der Daten angeht könnte zum Beispiel zusätzlich eine offene Lizenz mit Attribution gewählt werden (z.B. CC-BY) um die Vertrauenswürdigkeit sicherzustellen. In einigen Bereichen von Open Data hat die Veröffentlichung von Daten auch zu einer Erhöhung der Datenqualität geführt, beispielsweise in der Veröffentlichung von Daten zur Entwicklungszusammenarbeit im IATI Standard. Mögliche Fehler in den Daten können von mehr Nutzern gesehen und korrigiert werden. Die Gefahr der Manipulation besteht meines Erachtens nicht. Dennoch spreche ich mich in für eine konstruktiv-kritische Auseinandersetzung von Offenheit durch von Politik, Wissenschaft und Gesellschaft aus. Was meinst Du hier? 

Der Datenschutz und der Geheimschutz werden hinreichend durch eigene Gesetze geregelt. Betreibsgeheimnisse sollten beim Handeln des Staates nicht auftreten. Siehe Hamburg, dass auch für die Eigenbetriebe keine Betriebsgeheimnisse im Transparenzgesetz mehr will. Urheberrecht sollte nach §5 UrhG bei öffentlichen Daten keine Rolle mehr spielen. Lizenzen sind hier unangebracht. Von keiner einzigen Behörde ist glaubwürdig vorgetragen worden, dass irgendwo Schaden entstanden ist durch nachträgliche Manipulationen von Informationen. Bei Gesetzen und Urteilen ist das seit Jahrzhnten kein Problem.

Zur Gewährleistung der Sicherheit, Vertrauenwürdigkeit und Manipulationssicherheit sollten sämtliche Daten nur noch mit einer (ausreichend sicheren, d.h. ab und an mal neu signieren ;) ) kryptographischen Signatur veröffentlicht werden. Ferner solten Datensätze mittels aussagekräftiger Metadaten eine Provenance (mhm, wie nennt man das auf deutsch?) der Herkunft der Daten gewährleisten.

4) Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD wurde vereinbart, dass die Bundesverwaltung eine Vorreiterrolle für die Bereitstellung offener Daten in einheitlichen maschinenlesbaren Formaten und unter freien Lizenzbedingungen ein nehmen und dass seitens des Bundes ein Open-Data-Portal für Bund, Länder und Kommunen bereitgestellt werden soll. Welche rechtlichen (z.B. Rechtsanspruch), technischen (z.B. Standardisierung) und organisatorischen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden, um Open Data erfolgreich etablieren zu können? Inwieweit können Verwaltungen in Bund, Ländern und Kommunen rechtlich verpflichtet werden, bestimmte Daten für ein gemeinsames Open-Data-Portal bereitzustellen? Ist eine verbesserte Koordinierung zwischen den einzelnen Akteuren nötig?

Eine bessere Koordinierung und umfassendere Behandlung des Themas ist zwingend notwendig aber gegenwärtig auf Grund der Ressourcenausstattung nicht möglich. Nach 1,5 Jahren Erfahrungen mit GovData und 1 Monat Erfahrung mit dem Hamburgischen Transparenzgesetz/portal möchte ich die Frage sehr kurz beantworten: Wir brauchen ein nationales Transparenzgesetz, saubere Daten, einheitliche Standards und eben die genannte ressortübergreifende Einheit bzw. zentrale Ansprech-/Clearingstelle (und damit ist explizit nicht der IT-Plannungsrat gemeint). Das forderten übrings auch eine Mehrzahl der Teilnehmer der genannten Berfragung des CDC auf die Frage "Wie bzw. mit welchen konkreten Maßnahmen Ihre Arbeit mit und/oder Informationen erleichtert werden könnte".

5) Wie sieht es mit den Kostenregelungen aus? Unter welchen Umständen sind entsprechende Kostenregelungen für die Bereitstellung von offenen Daten vertretbar oder geboten? Wie ist die möglicherweise entstehende Konkurrenz zwischen offenen Angeboten der Verwaltung und von kommerziellen Anbietern einzuschätzen? Sind aus Ihrer Sicht Rahmenbedingungen erforderlich, um die der öffentlichen Hand entstandenen Kosten für die Nutzung durch Private – insbesondere die wirtschaftliche Nutzung – auszugleichen? 

Verwaltungsdaten heißen nicht so, weil sie der Verwaltung gehören, sondern weil sie diese verwaltet. Die Refinanzierung knapper Kassen durch den Vertrieb und Verkauf offener Regierungsdaten ist für mich unvertretbar und als Relikt aus der gescheiterten Verwaltungsmodernisierung vergangener Dekaden anzusehen. Was nicht heißt, dass Verwaltungen von offenen Daten nicht auch selber sehr profitieren könnnen. In dem zweitgrößten Landkreis Deutschlands, Ludwigslust-Parchim, ist z.B. die Verwaltung selber der größte Treiber und Nutzer (für die Verwendung) von Verwaltungsdaten und auch in Hamburg sind erste Vorteile für den Verwaltungsalltag selbst ersichtlich. Auch die Stadt Moers muss man hier als positives Beispiel erwähnen. Aus meiner Sicht sind bis auf eine Ausnahme keine Rahmenbedingungen erforderlich um maschinenlesbare Rohdaten der öffentlichen Hand für die Nutzung durch Private – insbesondere die wirtschaftliche Nutzung – auszugleichen. Einzige Ausnahme sind die Kosten, die ggf. für eine notwendige Anonymisierung der Rohdaten entstehen. Sollte eine Konkurenz zwischen öffentlichen Angeboten und denen von kommerziellen Anbietern entstanden sein, sehe ich es eher als Problem an, dass es überhaupt dazu gekommen ist. Einschränkungen und die Debatte um die Nutzung der Regierungsdaten für kommerzielle Zwecke offenbaren ein fehlgeleitetes Verständnis der Chancen, die Open Data bietet. Geschäftsmodelle, die auf Freigabe der Rohdaten beruhen, bieten gute Möglichkeiten, den Spagat zwischen ökonomischen Imperativen und der Bereitstellung von Wissen für die Allgemeinheit zu meistern. Ein weiterer Punkt sind eventuell höhere Steuereinnahmen durch neue Produkte privatwirtschaftlicher Anbieter - darum geht es ja in der EU und Microsoftstudie. Wer diesen wirtschaftlichen Mehrwert will, kann nicht mit "Deckung von Verwaltungskosten" das Potential abwürgen.

Bei elektronischer Datenverabeitung sind die Grenzkosten für Freigabe der Daten nahe Null. Die wirtschaftliche Nutzung ist auch nicht gesondert zu betrachten. Auch öffentliche Straßen der Kommunen und Länder werden kostenlos der Wirtschaft von allgemeinen Steuern zu Verfügung gesetellt (ausser Maut-Straßen des Bundes). Warum sollte das bei Daten anderes sein als bei den erheblich teureren Straßen? (Den Vergleich mit Strassen halte ich für gefährlich, da hier innerorts gern Umlagen für Anwohner berechnet werden und im Moment PPP bei Autobahnen in Mode sind. Eine Open Data PPP (Staat gibt Daten exklusiv an eine Firma und diese gibt diese dann gegen Bezahlung durch den Staat für die Bürder frei) wäre wohl das letzt was wir erreichen wollen).

(An dieser Stelle könnte man nochmal darauf hinweisen, dass die Erfahrung zeigt, dass die Freigabe von Daten häufig dazugeführt haben, dass Bürger sich auch aktiv an der Pflege, Verbesserung und Fehlerbeseitigung dieser oder abgeleiteter Daten eteiligt haben (Wikipedia, OpenStreetMap, etc.pp). Open Data sollte also nicht als "Daten-Einbahnstrasse" gesehen werden, sondern als ein bidirektionaler Prozess. viele Daten z.B. zum Zustand von Strassen, Schäden an der Natur könnten z.B. in einer Art CrowdSourcingprozess aktiv von Bürgern erhoben und gepflegt werden. Somit ist sehr schnell die Allgemeinheit Ursprung dieser Daten und jede Form einer kommerziellen Vergütung von solcherlei Daten abzulehnen.)

6) Der vom Institut für Gesetzesfolgenabschätzung und Evaluation vorgelegte Evaluierungsbericht stellt fest, dass das Informationsfreiheitsgesetz (§ 11 IFG) im Hinblick auf die proaktive Informationspflicht der Behörden hinter Regelungen anderen Ländern zurückbleibt. Dadurch würden die Möglichkeiten einer proaktiven Informationstätigkeit als Präventionsmechanismus für Konflikte im Einzelfall nicht hinreichend genutzt (s. S. 450 des Berichts). Welche Entwicklungsmöglichkeiten sehen Sie im Hinblick auf Open Data durch eine Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsrechtes des Bundes, wie sie auf Landesebene beispielsweise durch das Hamburgische Transparenzgesetz erfolgt ist? Was spricht für oder gegen die Vorlage eines eigenen Open Data Gesetzes?

Es spricht nichts gegen ein eigenes Open Data Gesetz und die Ausweitung der Informationsfreiheit, im Gegenteil: Wir haben in Deutschland eine rechtstreue Verwaltung und das normale Steuerungsmedium ist das Recht. Dennoch wäre die m.E. beste Option ein nationales Transparenzgesetz um der zwanghaft-technokratischen Herangehensweise durch die Verwaltung in Bezug auf Informationsfreiheit und Open Data zu begegnen. Auch das wurde schon 2012 von den Sachverständigen gefordert und muss hier aber noch mal dringlichst wiederholt werden. Die noch jungen Erfahrungen aus Hamburg zeigen, dass ein Transparenzgesetz mit einer proaktiven Informationstätigkeit einfacher und schneller umzusetzen ist als gedacht. Transparenzgesetze vereinen außerdem den Ansatz von Open Data (Push) und IFG (Pull). 

7) Welche Möglichkeiten der Partizipation und Weiterentwicklung hinsichtlich Open Data- und Open Government-Konzepten gibt es im Rahmen der Open Government Partnership? Wäre ein Beitritt Deutschlands aus Ihrer Sicht sinnvoll?

Schon im Jahr 2012 hat der Kollege Dr. Christian Humborg von Transparency International Deutschland an dieser Stelle für einen Beitritt Deutschlands zur Open Government Partnership plädiert. Bislang blieb es aber leider nur bei dem Lippenbekenntnis im Koalitionsvertrag der Bundesregierung und einer Ankündigung des SPD-Abgeordneten Klingbeil bezüglich eines OGP-Beitritts. Dabei hätte ein frühzei­ti­ger Bei­tritt zur OGP si­cher dazu bei­ge­tra­gen, dass Zi­vil­ge­sell­schaft, an­de­re ge­sell­schaft­li­che Grup­pen und die Länder schon frühzeitig an der Arbeit des digitalen Wandels und der Agenda hätten teilnehmen können. 

Auch die Verwaltung selbst würde von einem Beitritt profitieren, wenn Deutschland einer politischen Partnerschaft beitritt, die international anerkannt und angesehen ist. Gerade bei dem Kompetenzgerangel im Rahmen der digitalen Themen zwi­schen den Ko­ali­ti­ons­par­tei­en und den Res­sorts von Wirt­schafts­mi­nis­ter Sigmar Gabriel (SPD), In­nen­mi­nis­ter Thomas de Maizière (CDU) und In­fra­struk­tur­mi­nis­ter Alexander Dobrindt (CSU) wäre ein hohes politisches Commitment und Beitritt zur OGP sinnvoll. Das Bundesministerium des Inneren ist schon im März 2012 in einer Stellungnahme zu dem Schluss gekommen, dass "dieser Standpunkt (Anmerkung: der Open Government Partnership nicht  beizutreten) nicht dauerhaft beibehalten werden kann, ohne eine (vor  allem zivilgesellschaftliche) Unterstützung für bereits laufende Aktivitäten zu verlieren". Ein weiterer Vorteil der OGP, so ein britischer Ministerialbeamter in einem Gespräch im letzten Jahr, ist der durch den prozessorientierten Ansatz und die höhere internationale Verbindlichkeit gestärkte Austausch der britischen Ministerien untereinander. Bei einem raschen Beitritt könnte darüber hinaus auch die internationale Gemeinschaft von einem Beitritt Deutschlands profitieren. In einem Zeitalter, in dem Regierungen und  Unternehmen immer mehr private Daten sammeln, bedarf es klarer Regeln und effektiver Mechanismen, um die Rechte und den Schutz des Einzelnen zu garantieren. Deutschland hat international den Ruf einer Nation, in dem Datenschutz und Schutz der Privatsphäre einen hohen Stellenwert haben. Die Erfahrungen, die Deutschland bei der Entwicklung von Gesetzen und Institutionen diesbezüglich gemacht hat und hoffentlich noch machen wird, dürften anderen Nationen von großem Nutzen sein. Das gilt auch für die Aktivitäten im Rahmen der Europäischen Union: Wenn wir nicht endlich aktiv werden, dann können wir bei der dringend notwendigen Harmonisierung auf EU-Ebene nicht mitgestalten.

8) Sind, und wenn ja welche, Maßnahmen nötig, um die Offenheit von innerhalb des Bundestages anfallenden Daten voranzutreiben?

Nobert Lammert hat beim letzten Relaunch der Webseite des Bundestags im Jahr 2009 auf die Anfrage eines Pressevertreters geantwortet, er halte es nicht für "notwendig oder zweckmäßig", die Inhalte "auf einem virtuellen silbernen Tablett zu präsentieren". Ich möchte Ihm da wiedersprechen! Ein konkretes, praktischen Beispiel: Sie alle haben die Möglichkeit nach §31 Abs 1. GOBT eine Abgeordnetenerklärung abzugeben - in der letzten Wahlperiode wurde fast 2500 mal davon gebrauch gemacht. Diese Erklärungen werden gesondert im Protokoll aufgenommen und als PDF veröffentlicht. Leider ist es nicht ohne weiteres möglich diese Daten auszulesen und maschinenlesbar zu verarbeiten. Dabei dürften diese Erklärungen sicher einen Teil der Fragen über abgeordnetenwatch.de oder aus Ihren Wahlkreisen über Ihr Abstimmungsverhalten beantworten. 

Der Bundestag kann und muss endlich als gutes Beispiel voran gehen und die Daten maschinenlesbar und unter einer offenen Lizenz zur Verfügung stellen. Bisher geht die Bundestagsverwaltung nach unseren Erfahrungen aber genau den entgegengesetzen Weg. Der Standard muss auf offen gesetzt werden und die nicht-veröffentlichung von Informationen muss die Ausnahme nicht die Regel darstellen. Es kann nicht sein, dass eine gemeinnützige Organisation einen transparenteren Zugang zu den Inhalten des Bundestags ermöglicht als der Bundestag selber. Ein erster konkreter Schritt wäre eine Unterzeichnung der Erklärung zur Parlamentarischen Offenheit (siehe http://www.openingparliament.org/declaration ) und die Schaffung eines einheitlichen Zugriffs auf die Bundestagsinformationssysteme (siehe http://oparl.de/ ). Das würde der Demokratie in Deutschland stärken und kann sicher auch einen Beitrag gegen die gestiegende Politikverdrossenheit darstellen.

// Archiv: Beispielfragen:
    
    1. Was spricht für die Erstellung eines Open Data Gesetz als Grundlage für die Open Data Aktivitäten?
    2. Warum benötigen wir eine Novellierung des Bundes-Informationsfreiheitsgesetz?
    3. Wie sehen sie die Ressourcenausstattung für Entwicklung von der Verfügbarkeit von offenen Regierungsdaten (u.a. im BMI)?
    4. Welche Möglichkeiten Partizipation im Rahmen von Open Data und Open Government gibt es im Rahmen der Open Government Partnership?
    5. Welchen Einfluss hat die dezentrale Aufhängung des Themas Open (Government) Data auf die Verfügbarkeit und Entwicklung des Themas in Deutschland?
    6. Welche Maßnahmen sind nötig um die Offenheit im Rahmen der Bundestagsverwaltung voranzutreiben? (Beispiel Profile, Protokolle, Abgeordnetenerklärung)
    7. Wie kann das Potential von Open Data für die Verwaltung selbst genutzt werden bzw. der Nutzen kommuniziert werden?